Gurtverweigerung kostet 200 Menschenleben
Wenn alle Insassen von Pkw in Deutschland zu jeder Zeit korrekt angeschnallt wären, könnten rund 200 Verkehrstote und rund 1500 schwer Verletzte pro Jahr vermieden werden.
Dies ist das wichtigste Ergebnis einer aktuellen Auswertung der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Nach offiziellen Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen fahren rund 98 Prozent aller Pkw-Insassen gegurtet. Laut Auswertung der UDV waren aber 28 Prozent aller im Straßenverkehr Getöteten nicht oder falsch angeschnallt. „Das zeigt das große Potential, das hier liegt. Mit keiner anderen Einzelmaßnahme lassen sich so viele Verkehrstote vermeiden“, sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Weitere Ergebnisse: Am häufigsten getötet oder schwerverletzt wurden nicht angeschnallte Fahrer (43 Prozent), gefolgt von Rücksitzinsassen (36 Prozent) und Beifahrern (21 Prozent). Mehr als zwei Drittel der Opfer waren männlich, das Durchschnittsalter lag bei 32 Jahren.
Da die Sicherheitswirkung des Gurtes allgemein bekannt ist, wollte die UDV wissen, was Pkw-Fahrer dennoch veranlasst, nicht angeschnallt zu fahren. In einer bundesweiten Online-Befragung im Frühjahr 2018 zeigte sich, dass insbesondere notorische Gurtverweigerer glauben, bei innerstädtischen Geschwindigkeiten ausreichend geschützt zu sein. Wie im realen Unfallgeschehen abgebildet, bekannten sich mehr Männer als Frauen dazu, nicht angeschnallt gefahren zu sein. Interessant auch, dass Fahrer sehr viel häufiger nicht gegurtet sind, wenn keine weiteren Insassen im Fahrzeug sind. Offenbar haben weitere Personen im Fahrzeug eine soziale Kontrollfunktion. Mögliche Strafen schrecken hingegen nicht ab: Die meisten Befragten halten eine Kontrolle durch die Polizei für unwahrscheinlich.
Siegfried Brockmann fordert deshalb deutlich mehr polizeiliche Kontrollen und höhere Verwarnungsgelder. Die Industrie müsse alle Sitzplätze mit Gurtwarnern ausstatten, die mit Blinklicht und Warnton darauf aufmerksam machen, wenn Insassen nicht angeschnallt sind. Manipulationen des Gurtwarners, beispielsweise durch eingesteckte Gurtschlösser, müssten technisch verhindert werden. Zugleich gelte es, das Bewusstsein in der Bevölkerung zu stärken, dass Kollisionen auch bei niedrigen Geschwindigkeiten ohne Gurt zu schwersten Verletzungen führen können. „Ziel muss ein hundertprozentige Anschnallquote sein“, so Brockmann.
Ansprechpartner:
Siegfried Brockmann
Leiter Unfallforschung der Versicherer
Tel: 030/2020 5820
Mail: s.brockmann@gdv.de