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Eva­ku­ie­rung aus Rei­se­bus­sen

Zweifellos zählt der Reisebus zu den sichersten Transportmitteln für größere Distanzen. Dennoch kommt es gelegentlich zu Unfallereignissen; sei es mit Kollision oder ohne, wie im Fall eines Fahrzeugbrandes infolge technischen Defekts. Weil dann eine große Anzahl von Fahrgästen innerhalb kürzester Zeit sicher aus dem Bus zu evakuieren ist, hat die Unfallforschung der Versicherer mit ihrem Projektpartner Defizite bei der konventionellen Auslegung von Reisebussen im Hinblick auf die schnelle Insassenrettung identifiziert und konstruktive Alternativen untersucht.

Der Brandschutz in Reisebussen hat durch gesetzliche Anforderungen, beispielsweise die Installation von Brandmelde- und Feuerlöschsysteme im Motorraum, in jüngerer Zeit eine deutliche Verbesserung erfahren. Daher lag der Schwerpunkt des Forschungsprojekts auf Aufprallereignissen.

Der erste Teil des Projektes widmete sich der Analyse von mehr als einhundert Unfallereignissen mit – vornehmlich – Reisebussen der letzten Jahre, um sowohl die Anzahl der betroffenen Fahrgäste zu ermitteln als auch die Lage von Deformationen am Fahrzeug und die Zugänglichkeit von regulären Ausgängen und Notausstiegen zu bestimmen.

Bei umgestürzten Bussen müssen oftmals die Dachluken als Notausgänge fungieren. Mit Probandentests wurden deren Eignung für eine schnelle Evakuierung untersucht. Dabei zeigte sich, dass quer angeordnete Luken wesentlich schneller als die üblichen, in Längsrichtung angeordneten Luken durchstiegen werden können, wenn sich der Bus nach einem Unfall in Schräg- oder Seitenlage befindet.

Seit mehreren Jahren müssen Reisebusse auf allen Sitzplätzen mit Sicherheitsgurten ausgestattet werden. Gerade beim Umstürzen des Busses verhindern Gurte auch effektiv, dass Insassen aus dem Fahrzeug geschleudert werden oder übereinander stürzen. Dabei stellt für angegurtete Insassen die Selbstbefreiung aus ihrem Sitz in Schräg- oder Seitenlage des Busses eine erhebliche Herausforderung dar, wie in weiteren Probandenversuchen gezeigt werden konnte. Dreipunktgurte sind Zweipunktgurten („Beckengurten“) nicht nur im Hinblick auf den Schutz bei der eigentlichen Kollision überlegen, sondern auch bei der Selbstbefreiung, werden aber von Busherstellern nur vereinzelt angeboten.

Sind Insassen im Reisebus aus ihrem Sitzplatz erst einmal aufgestanden, müssen sie sich möglichst schnell zum nächstgelegenen geeigneten Ausgang beziehungsweise Notausgang bewegen können. Der Mittelgang, dessen Mindestbreite durch genormte Prüfkörper vorgegeben ist, ist unter ungünstigen Umständen zusätzlich eingeengt. Befindet sich der Bus nach dem Unfall in Schräg- oder Seitenlage, ist das Fortkommen im Mittelgang besonders für ältere oder bewegungseingeschränkte Fahrgäste fast unmöglich. Dies wurde im Rahmen des Projektes an einem teilweise und einem komplett gekippten Reisebus eindrücklich gezeigt.

Letztlich erweisen sich die als Notausstiege konzipierten Heck- und Seitenscheiben und Luken als Behelfslösungen, die nur unter idealen Rahmenbedingungen eine schnelle Evakuierung gestatten. Die Unfallforschung der Versicherer fordert daher, bei zukünftigen Busentwicklungen auch die Frontscheibe als Notausstieg konstruktiv vorzusehen. Bei alternativen Antrieben (Erdgas-, batterieelektrische oder Wasserstoff-Antriebe) werden Fahrzeugbereiche wie das Heck oder das Dach für Notausstiege dann ohnehin nicht mehr zur Verfügung stehen.

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